Mixed Reality-Anwendungen erleichtern unter anderem die Anlagenplanung.
© X-Visual Technologies GmbH

Durch die kluge Datenbrille gesehen ist die künftige Arbeitswelt eine gänzlich andere. Das Berliner Netzwerk MR4B will mit der Zukunftsformel „Mixed Reality for Business“ den digitalen Strukturwandel der Region vorantreiben und attraktiv gestalten.

Angenommen, ein Küchenbauer möchte mit seinen Kundinnen und Kunden den komplexen Auftrag anschaulicher planen, als es auf dem Papier möglich ist. Oder: Ein Anlagenbauer hat seine Kunden weltweit, kann aber wegen Pandemie-bedingter Reisebeschränkungen mit seinen Service-Teams nicht vor Ort sein. Unser digitales Zeitalter hält Lösungen bereit. Eine heißt „Mixed Reality“ und bedeutet die Vermischung der Wahrnehmungen von realen Objekten und Subjekten mit computererzeugten 2D- oder 3D-Objekten, also mit der virtuellen Realität. Die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) und der Hersteller innovativer Engineering-Software X-Visual Technologies aus Berlin wollen den digitalen Strukturwandel vorantreiben und initiieren „Mixed Reality for Business – Mixed-Reality-Anwendungen und Künstliche Intelligenz für den Mittelstand in der Region Berlin und Umland“; kurz MR4B. Die Initiatoren bezeichnen ihr Netzwerk aus derzeit 35 Industrie- und Technologieunternehmen sowie Bildungs- und Forschungseinrichtungen als „Innovationsökosystem“. Dessen Vision: Mixed Reality soll – wie heute der Computer und das Smartphone – als fester Bestandteil zum Arbeitsplatz gehören. Auch das Bundesforschungsministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sieht darin Potenzial für eine Region, in der zwar innovative Softwareunternehmen und IT-Startups zuhause sind, wo aber in den Industrieunternehmen die digitale Transformation der Arbeitsprozesse nur zögerlich stattfindet. Das BMBF fördert mit dem WIR!-Bündnis „Wandel durch Innovation in der Region“ die Entwicklung des Konzeptes für eine Kompetenzregion Mixed Reality in Berlin-Brandenburg.

Kompetenz für Mixed Reality

„Mixed Reality-Anwendungen können unsere Arbeitswelt nachhaltig verändern“, sagt Jenny Orantek von der X-Visual Technologies GmbH. Ihr Unternehmen weiß, welchem Technologiedruck Anlagenbauer ausgesetzt sind. Die virtuelle Anlage ist aus ihrer Sicht der perfekte Begegnungsraum, wo alle beteiligten Gewerke vorab planen können, damit später die Realität mit den Vorstellungen und Bedürfnissen des Kunden übereinstimmt – beispielsweise alle Rohre und Behälter richtig positioniert und für die Wartung zugänglich sind. Allerdings seien Anlagenbauer, insbesondere jene, die ihre Kunden in der Lebensmittel- oder Pharmaindustrie haben, hohen Sicherheitsanforderungen ausgesetzt und stünden neuen Technologien nicht so offen gegenüber, sagt Jenny Orantek.

„Wir müssen die Kunden von den Mixed Reality-Anwendungen begeistern. Das heißt, dass die Technologien funktionieren und intuitiv zu bedienen sind“, formuliert Martin Steinicke von der HTW eine der primären Aufgaben für die MR4B-Kompetenzregion. Eine andere Herausforderung ist die soziale Begleitung des Vorhabens. Die virtuelle Realität kann entfernte Menschen zusammenbringen, andererseits aber lokal voneinander trennen. Denn um in künstliche Welten einzutreten, müssen spezielle Brillen getragen werden. Das erschwert die Kommunikation vor Ort. Wenn aber etwa ein Anlagenmonteur über seine Datenbrille hilfreiche Reparaturanweisungen empfängt, werde er die Technologie bald wertschätzen, meint Martin Steinicke.

Bedienungsfreundliche Software

Den MR4B-Akteuren ist bewusst: Vorteile, die die Digitalisierung mit sich bringt, nutzen derzeit erst wenige kleine und mittelständische Unternehmen. Mixed Reality werde als Zukunftsformel beim Mittelstand dann Akzeptanz finden, wenn sich die Mitarbeiter nicht zwanghaft und motivationslos in den „künstlichen Arbeitsprozess“ begeben müssen, sondern auf dem Weg in die modernisierte Arbeitswelt an die Hand genommen werden und für sich selbst einen Vorteil erkennen. Was wiederum für Software-Entwickler bedeute, ihre Produkte noch bedienungsfreundlicher zu gestalten. Das WIR!-Bündnis will MR-basierte Software-Lösungen und Geräte-Kombinationen in Verbindung mit KI-Technologien branchenübergreifend entwickeln und mit Praxisbeispielen deren Einsatztauglichkeit zeigen. Mittels Mixed Reality-Anwendungen sollen allen voran die Industrieunternehmen auch außerhalb von Ballungszentren erfolgreich agieren können.

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